Ethnographie ist eine wissenschaftliche Methode zur Erforschung der Gesellschaft und ihrer Kultur
Die Frage „Was ist Ethnographie?“ ist nicht einfach zu beantworten, da es eine große Vielfalt von möglichen Antworten und Beschreibungen gibt. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Traditions- und Entwicklungslinien der Ethnographie in Ethnologie und Soziologie. Heute lassen sich in vielen empirisch orientierten Disziplinen der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften (GSK) ethnographische Zugänge finden. Grundsätzlich ist die Ethnographie aber ein Ansatz, der Menschen in seinen konkreten Lebensumständen untersucht.
Die eigentliche Bedeutung von Ethnographie leitet sich aus den beiden griechischen Wörtern ἔθνος/ethnos und γράφειν/graphein her und bedeutet in der wörtlichen Übersetzung „Volk (be)schreiben“.
Ethnographie ist zugleich eine empirische, also eine auf systematischer Erfahrung beruhende Methode zur Erforschung gesellschaftlicher Phänomene als auch ein eigener Denk- und Darstellungsstil. Ziel ist es, eine bestimmte Kultur (z.B. von Völkern, Berufsgruppen, Industrien etc.) oder einen bestimmten Ausschnitt dieser Kultur (z.B. Rituale, Interaktionsmuster, Events wie Messen etc.) in all ihrer Komplexität und Ganzheit aus der Sichtweise der relevanten Akteure verstehend zu beschreiben. Der amerikanische Anthropologe Clifford Geertz hat diesbezüglich den Begriff der „dichten Beschreibung“ geprägt.
Ethnographische Forschung muss zwingend vor Ort stattfinden.
Dies hat zur Folge, dass die Forschung vor Ort in der tatsächlichen alltäglichen Praxis stattfinden muss, was zumeist in der zentralen Ausformung der ethnographischen Feldforschung, der Teilnehmenden Beobachtung mündet. Teilnehmende Beobachtung bedeutet, dass es zu einem nahen und offenen Kontakt mit den beteiligten Akteuren in deren „natürlichen“ Umgebungen kommen muss. Dabei geht es in erster Linie darum, das alltägliche Verhalten der Akteure des Feldes zu beobachten und zu beschreiben, indem man in ihren Routinen interagierend, also in Kontakt zu ihnen teilnimmt. Informelle Interviews und Gespräche mit den Akteuren sind dabei ein selbstverständlicher Teil, denn teilnehmende Beobachtung bedeutet gerade nicht, dass man sich als „objektiver“, außenstehender Beobachter verhält, sondern offen am Geschehen teilnimmt und auch eingreift.
Textteile aus Musik, Christoph (2016): Die Ethnographie als reflexive Praxisforschung.
In: Tagungsband FH-Forschungsforum 2016, URL: http://ffhoarep.fh-ooe.at/handle/123456789/749